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SYRIEN 1 14.12. - 24.12.2003
Route: Idleb, Hama, Homs, Damaskus, Borsa
Distanz: 535 Km
Vorwort: Das Einsteigerland in die arabische Welt! Essen
gehen wird nun günstiger als selbst zu kochen, es folgen unzählige Falaffel
:-)) Zelten ist in den lehmigen Hochebenene problemlos möglich, nur bedarf
es am nächsten Morgen einiges an Zeit, um alles wieder halbwegs sauber
zu bekommen (natürlich nur in den Wintermonaten). Dank der grossartigen
syrischen Gastfreundschaft ist auch stets fuer warmen Tee gesorgt.
Der Grenzübergang von der Türkei nach Syrien war
absolut Problemlos. Dummerweise sind wir nur am Montagmorgen gemeinsam
mit einer Unmenge Türken an der Grenze angekommen. Da die Einreiseformalitäten
jedoch in einem eigenen Gebäude erledigt werden brachten uns unsere Fahrräder
nicht auf die sonst übliche Überholspur. Gemeinsam mit allen anderen wurden
unsere Pässe bearbeitet, so dass wir nach gut einer dreiviertel Stunde
die Grenze passiert hatten. Syrien besteht zur einen Hälfte aus lehmigem
und steinigem Hochland und zur anderen Hälfte aus Wüste. Wir befanden
uns im Hochland und dementsprechend schwierig war es für uns einen geeigneten
Zeltplatz zu finden, ohne bis zu den Knöcheln im Lehm zu versinken. Kurz
nach Einbruch der Dunkelheit hatten wir jedoch etwas Glück. Knapp neben
der Autobahn war neben ein paar Olivenbäumen auch noch ein Haufen mit
geschnittenem Gras. Schnell war das Gras auf dem Lehm verteilt und das
Zelt aufgebaut.
Am nächsten Morgen regnete es ständig
weiter. Da wir keine Lust auf eine Schlammschlacht hatten (haben noch
genug von Ungarn und der Ukraine) wollten wir eigentlich einen Ruhetag
einlegen. Gegen Mittag entschieden wir uns jedoch in einer längeren Regenpause
weiterzufahren. Wir hatten gerade alles abgebaut und waren soeben wieder
an der Autobahn angekommen, als ein Reiseradler langsam an uns vorbeizog.
Natürlich nahmen wir sofort die Verfolgung auf. Nach wenigen Kilometern
hatten wir ihn dann eingeholt. Shin war, während er an uns vorbeifuhr,
gerade so in Gedanken vertieft, daß er uns gar nicht richtig wahrgenommen
hatte. Wir verstanden uns gut uns so radelten wir erstmal gemeinsam weiter.
Shin war in den letzten 1,5 Jahren von Japan über Asien bis nach Syrien
geradelt. Insgesamt hatte er eine Strecke von etwa 30000 Km zurückgelegt.
Wir waren froh nach Ankara endlich mal wieder jemand gefunden zu haben,
mit dem wir uns ganz normal unterhalten konnten ohne stets die Gleiche
Geschichte erzählen zu müssen. Auch Shin, der ja alleine reiste war Froh
über etwas Gesellschaft. Auch war er froh mal wieder zelten zu können.
Alleine fühlte er sich seit der Türkei irgendwie unwohl. So verbrachten
wir gemeinsam eine Nacht in einem Hausruine ohne Dach und eine Nacht auf
einem Wiesengrundstück (bisher das Einzige das wir überhaupt in Syrien
gesehen haben) hinter einer Mauer.
In Hama besichtigten wir die berühmten
Wasserräder. Zuerst suchte ich eine ganze Weile, um den Generator zu finden,
Ich dachte die Wasserräder würden elektrischen Strom produzieren. Schließlich
fand ich dann aber heraus, daß die Wasserräder Wasser aus dem Fluß Orontes
in ein Aquädukt beförderten. Das Aquädukt führt dann das Wasser in die
Stadt. Die insgesamt 17 hölzernen Wasserräder (Norias) von Hama bewältigen
einen Höhenunterschied von bis zu 22,5 Meter.
Zum Abschied hatte uns Asly noch eine Wunderkerze geschenkt,
die wir anzünden sollten, sobald wir in Syrien sind. Irgendwie waren wir
die ersten beiden Tage zu sehr damit beschäftigt einen akzeptablen Zeltplatz
zu finden, daß wir keine Zeit fanden sie anzuzünden. Am dritten Abend
war es dann aber endlich soweit. Dank Shin konnten wir diesen "feierlichen"
Moment sogar für die Ewigkeit festhalten. Am nächsten Morgen trennten
sich unsere Wege dann wieder. Shin wollte weiter nach Palmyra und uns
(Nadine) zog es gen Süden ins Warme. Nachdem wir uns noch mit einer doppelten
Portion Falaffel (mit 0,2 € pro Portion extrem günstig) gestärkt hatten
verabschiedeten wir uns im strömenden Regen.
Der Regen war extrem heftig und kalt. Und die Einheimischen,
die wir nach dem Weg fragten lotsten uns alle auf die Umgehungsautobahn,
so dass wir einen Umweg von etwa 14 Km gefahren sind. In Syrien gibt es
hin und wieder kleine Verkaufsstände an den Straßen. Mitten im Regen lädt
uns der Besitzer eines solchen Ladens auf eine Tasse Tee ein. Eigentlich
bestand der Laden nur aus ein paar Brettern, die mit etwas Folie überdacht
wurde. Doch Dank eines kleinen Heizölofen war es drinnen mollig warm.
Zur Begrüßung gab es erst einmal einen kleinen Gesundheitsdrink aus irgendwelchen
Kräutern, und anschließend noch einen Tee und Nüsse. Anders als der türkische
Cay ist der syrische Tee jedoch sehr süß. Spontan bot uns der "Ladenbesitzer"
an, daß wir in dem Bett in seinem Laden schlafen sollten. Er würde dann
auf dem Boden schlafen. Natürlich haben wir diese Einladung abgelehnt.
Daß jemand wegen uns auf dem Steinboden schlafen muß ging nun doch entschieden
zu weit. Später kam dann noch seine Schwester. Auch ihr erzählten wir
anhand unseres Photoalbums die Geschichte unserer Reise. Über den vielen
Tees und den vielen Geschichten war es mittlerweile dunkel geworden und
so bat uns der Ladenbesitzer an, daß wir zumindest in seinem Haus übernachten
sollten. Es regnete immer noch stark und so nahmen wir die Einladung an.
Gemeinsam mit seiner Schwester und einem bekannten sind wir dann zu ihm
Haus gelaufen. Ich glaube wir haben nicht schlecht geschaut, als sich
das Haus als ein etwa 4x10 Meter großes Zelt entpuppte. Wir wurden in
den beheizten und mit Sitzkissen ausstaffierten Aufenthaltsraum geführt
in dem schon die ganze Familie und einige Nachbarn saßen. Gerade am Anfang
haben wir uns schon etwas unwohl gefühlt. Während wir gerade in der Türkei
eher von der wohlhabenderen Bevölkerungsschicht eingeladen worden sind,
waren wir hier bei sehr armen Menschen gelandet. Ihre unglaubliche Gastfreundschaft
verunsicherte uns. Selbst unsere knappe Reisekasse war mehr als hier die
etwa 8-köpfige Familie zum leben hatte. Trotzdem, oder gerade deswegen
wurden wir zum Abendessen köstlich mit Brot, Käse, Oliven, Eiern, Tee
und Süßmilch bewirtet. Zum Glück hatten wir noch ein paar Luftballons
die wir den Kindern schenken konnten und eine Postkarte von Limburg für
die Erwachsenen. Erstaunlicherweise hatten sie in ihrem Zelt sogar einen
Fernseher, wobei den erforderlichen Strom der Traktor lieferte, der vor
dem Zelt tuckerte. Später kamen dann noch ein paar Freunde zu Besuch.
Zu unserem Erstaunen kamen die jedoch in relativ neuen Autos vorgefahren.
Einer der Freunde war ein sehr guter Musiker. Er packte ein einheimisches
Saiteninstrument (Geige mit einer Seite) aus, spielte darauf und sang
dazu traditionelle Lieder. Nach einer Weile fragte ich, ob ich ein paar
Photos machen dürfte. Dies inspirierte einen der anderen Gäste dazu sein
Handy mit eingebauter Kamera zu zücken und ebenfalls ein paar Bilder zu
machen. Ein Handy mit einer eingebauter Digitalcamera ist ja schon bei
uns etwas ungewöhnliches. Doch hier, mitten zwischen Menschen die im Winter
(es war kalt und regnerisch) in einem Zelt wohnen und teilweise nur Sandalen
trugen, war das schon ein grotesker Anblick. Aber außer uns fand anscheinend
niemand den Unterschied zwischen arm und reich so erschütternd. Zum schlafen
bekamen wir dann eine bequeme Matratze und eine warme Decke, die sie für
uns in den Aufenthaltsraum brachten. Am nächsten Morgen verabschiedeten
wir uns dann noch vor dem Frühstück (wir wollten ihnen nicht noch mehr
zur Last fallen).
Auch diesmal war es für unsere Gastgeber
unverständlich, daß wir trotz Regen weiterfahren wollten. Doch weiterzufahren
war unsere einzige Hoffnung um in Ägypten wieder ins warme zu kommen.
Von Homs aus ging es nun langsam immer höher in die Berge. Zuerst wollten
wir unseren Augen kaum trauen, doch es fing tatsächlich an zu schneien
und der Schnee wurde immer heftiger. Durch unseren eiligen Aufbruch hatten
wir natürlich noch nicht gefrühstückt und bei Nadine begannen bereits
die Kräfte zu schwinden. Weit und breit war keine Tankstelle zu finden
und so rasteten wir in einer Hausruine ohne Dach. So waren wir zumindest
etwas vor dem Wind geschützt. Ein paar Kilometer weiter und ein paar Höhenmeter
höher lag dann bereits so viel Schnee, daß ein syrisches Auto anhielt
und alle zu einer kurzen Schneeballschlacht ausstiegen. Irgendwie konnten
wir ihre Freude am Schnee nicht ganz so teilen. Wir hätten ja viel erwartet,
aber daß wir in Syrien fast weise Weihnachten erleben würden, damit hatten
wir nicht gerechnet.
Die Nacht durften wir dann in einem
Restaurant schlafen. Eigentlich wollten wir uns nur bei einem Tee etwas
aufwärmen um dann unsere Zelt windgeschützt in einer Bauruine aufzubauen.
Erst bot uns der Restaurantbesitzer an auf der Terrasse zu zelten. Da
es jedoch nicht möglich gewesen wäre unsere Heringe in den Betonboden
zu schlagen (sonst lag überall Schnee), boten sie uns an, nach Ladenschluß
(23:00 Uhr) im Restaurant zu schlafen. Nadine war jedoch von der zu kurzen
Nacht und den Strapazen des Tages so erschöpft, daß sie schon gegen 21:00
Uhr vor dem Fernseher einnickte. Daraufhin wurden sofort alle Pläne umgeworfen
und kurzerhand ein paar Matratzen zwischen Theke und Küche gelegt, so
daß wir sofort ins Bett gehen konnten. Ein paar Kilometer vorher war ein
Restaurant in dem sich die Kunden gegenseitig auf den Füßen herumgestanden
sind. In dem Restaurant, in dem wir nächtigten, kamen während der 5,5
Std. die wir dort saßen gerade mal zwei Gäste, die etwas zum essen abholten.
Sehr schade, den die Mitarbeiter und der Restaurantbesitzer waren alle
sehr nett.
Damaskus war für uns die erste Orientalische Stadt. Allein
der Verkehr ist schon eine eigene Geschichte wert. LKW, Busse, Autos,
Taxis, Fahrradfahrer und Fußgänger tummeln sich alle gleichzeitig auf
der Straße. Alles fährt und läuft kreuz und quer durcheinander. Es gibt
zwar Ampeln, doch da sich vermutlich niemand daran halten würde stehen
an den Kreuzungen im Stadtzentrum jeweils noch mehrere Polizisten, die
ebenfalls versuchen das Verkehrschaos zu bändigen. Eigentlich ein
Wunder, daß wir keinen einzigen Unfall gesehen haben. Sehr schön war die
überdachte Einkaufspassage in der Altstadt. Hier merkte man schon, daß
Damaskus auch eine touristische Stadt ist. In den einzelnen Läden und
Boutiquen wurden viele folkloristische Artikel und teuere Kleider verkauft.
Insgesamt war uns das ganze Gewimmel aber doch etwas zu stressig so daß
wir Damaskus am späten Nachmittag wieder verliesen.
Für Weihnachten hatten wir etwas ganz
besonderes geplant. Laut Weltreiseradführer sollte in Bosra (kurz vor
der Grenze zu Jordanien etwa 30 Km von der Autobahn entfernt ) ein perfekt
erhaltenes römisches Amphitheater sein. Als Besonderheit hatten sie laut
Radführer in dem Theater eine Jugendherberge eingerichtet, die zwar etwas
teuer, aber auf jeden Fall einen Besuch Wert sein sollte. Da wir uns bisher
noch kein Hotel geleistet hatten wollten wir uns nun an Weihnachten dieses
ganz besondere Erlebnis gönnen. Wir kamen die Tage zuvor mit optimalem
Rückenwind sehr gut voran, so daß wir Bosra bereits am 23. Dezember erreichten.
Eigentlich wollten wir die Nacht noch im Zelt verbringen und dann am nächsten
Morgen direkt in der Jugendherberge einchecken, da sowohl wir als auch
unsere Klamotten eine Grundreinigung wieder mal dringend nötig hatten.
Um zu klären ob unser Vermögen überhaupt für eine Übernachtung ausreichen
würde, fuhren wir erst einmal zu besagtem Amphitheater. Doch was der Pförtner
uns dann erzählte hatten wir nicht erwartet. Nein, der Preis war nicht
etwa utopisch hoch, sondern die Jugendherberge war vor etwa einem Jahr
gleich ganz geschlossen worden. Vor lauter Enttäuschung hatten wir nicht
einmal mehr Lust das Theater zu besichtigen. Wir begnügten uns damit,
ein paar Meter weiter etwas deprimiert ein paar alte Trümmer zu besichtigen.
Obwohl die Mauern und Gebäude bereits sehr alt sind, werden sie zum Teil
immer noch bewohnt. Immer wenn die Steine weiß oder bunt angemalt waren
verbarg sich dahinter das Heim einer Familie. Nicht einmal etwas Ruhe
war uns vergönnt, da ein paar Schulkinder uns entdeckt hatten und mit
einer Riesenfreude um uns herumtobten. Als sie vor lauter Übermut dann
auch noch eine Wasserleitung bei Hangelübungen zerstörten machten wir
uns wieder auf dem Rückweg um neue Pläne für Weihnachten zu schmieden.
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I
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