TÜRKEI 1: 27.10. - 14.12.2003

Route: Trabson, Giresun, Samsun, Ankara,  Konya,  Sedysehir, Manavgat, Antalya, Alanya, Ankara, Adana, Iskenderun, Antakya

Distanz: 1789 Km

 
Vorwort: Ganz anders als erwartet!!! In der Schule wird den Schülern beigebracht: Ein guter Türke ist gastfreundlich. Und das scheinen Sie alle sein zu wollen. Oft war es leichter eingeladen zu werden, als einen Zeltplatz zu finden. Ganz zu schweigen von den unzähligen Einladungen zum Cay (Tee). Ein wundervolles Reiseland, man darf nur nicht den Fehler machen und seinen Urlaub in den Touristenhochburgen verbringen.
 
Nachdem wir uns die ersten beiden Tage in der Türkei in unserem Zelt verkrochen hatten (starker Regen), machten wir uns nun in einer Regenpause wieder auf den Weg. Gleich im ersten größeren Ort, wir wollten eigentlich nur nach einem Geldautomaten fragen, wurden wir von Mitgliedern des örtlichen Jagdclubs, in ihr Clubheim eingeladen. Uns servierten sie eine Tasse Tee, währen Sie nur zuschauten. Da wir mit regem Interesse die Fotografien der Falken an der Wand betrachteten, wurden wir dann noch dazu eingeladen, die Vereinseigenen Falken anzuschauen. Bei uns mittlerweile fast in Vergessenheit geraten scheint hier die Falkenjagd noch einen recht hohen Stellenwert zu haben. Keine Angst, unsere Jacken sind immer noch wasserdicht, obwohl die Krallen des Falken (hoffe das ist auch wirklich ein Falke und nicht etwa ein Sperber) schon recht spitz waren.
 
Unseren Türkeibesuch haben wir auch optimal zeitlich abgestimmt. Wir sind nämlich genau passend zu Ramadan hier angekommen. Für die Moslems bedeutet dies mit wenigen Ausnahmen, daß sie von 23.10.-23.11.03 bis zum Einbruch der Dunkelheit weder etwas essen, noch etwas trinken dürfen. Ramadan richtet sich nach dem Mondkalender und findet somit nicht immer zu gleichen Zeit statt. Da wir ja keine Moslems sind, sind wir vom Fastenmonat eigentlich nicht betroffen. Doch wenn in der gesamten isalmischen Welt, bis auf die Kinder, keiner etwas ißt oder trinkt, fällt es einem natürlich schwer ungehemmt den leiblichen Genüssen zuzusprechen. Insbesondere, wenn man dabei von Allen beobachte wird. Also versuchen wir in der Öffentlichkeit auf Speis und Trank zu verzichten und verziehen uns dazu lieber in ein ruhiges Eckchen. Sehr eigentümlich wirken während Ramadan natürlich die Cafés. Vor allem den Parkcafés mangelt es nicht an Gästen, wobei jedoch alle an leeren Tischen sitzen. Stärker betroffen als wir sind die Restaurantbesitzer, die natürlich einen Monat lang "arbeitslos" sind.
 

Bei einer unserer abendlichen Zeltplatzsuche entdeckten wir kurz vor einbruch der Dunkelheit endlich ein Stückchen Wiese bei einer verlassenen Fischerhütte. Leider standen davor vier Männer, die ihre Treffsicherheit mit einem Schrotgewehr (halbautomatisch) überprüften. Ein paar Tage früher in Georgien hätten wir vermutlich sofort einen kleinen Herzinfarkt bekommen, aber so sagten wir ihnen einfach daß wir hier zelten wollen und nach einer Weile zogen sie ab. Die Bootsüberdachung konnten wir dann nutzen um unsere Taschen abzutrocknen und um zu kochen. Eigentlich ein fast perfekter Zeltplatz. Mitten in der Nacht (etwa gegen 5 Uhr morgens) wurden wir dann von einem Geraschel geweckt. Bei einer genaueren Überprüfung der Lage entdeckten wir dann die Ursache. Eine dicke fette Ratte hatte sich durch unser Innenzelt gefressen und saß nun frech in der Ecke. Wie nicht anders zu erwarten verschwand Nadine laut schreiend blitzartig kopfüber im Schlafsack, und es war an mir die Sache auszubaden (und das, wo ich doch direkt nach dem Aufwachen so munter bin). Während ich also mit der einen Hand die offene Seite unseres Schlafsackes/Isomatte zuhielt öffnete ich mit der anderen Hand das Zelt. Leider gefiel es aber der Ratte so gut bei uns, daß sie immer nur am Ausgang vorbeirannte. Also baute ich mit unseren Lenkertaschen eine Absperrung. Während die Ratte bisher immer gegen den Uhrzeigersinn im Zelt rumrannte entschied sie sich nun für eine Richtungsänderung. Irgendwie quetschte sie sich durch meine Absperrung und flüchtete ins Freie. Nun kroch auch Nadine wieder aus ihrem Versteck. Notdürftig stopften wir das etwa Faustgroße Loch mit einem Küchenhandtuch und schliefen weiter. Am nächsten Morgen entdeckten wir dann den Grund für unseren nächtlichen Besuch. Die Ratte hatte nämlich die Sonnenblumenkerne (von den Polizisten aus Georgien) gerochen und sich dann erst durch das Zelt und dann durch das Innenfutter von Martins Regenjacke gefressen. Zum Glück lag die Jacke mit der Innenseite nach oben, so daß die Goretex Membran unbeschädigt blieb. Leider habe ich in meiner Eile vergessen ein Bild von der Ratte zu machen, so daß es jetzt nur das Loch zu bewundern gibt.

 

In Giresun trafen wir auf der Suche nach einem Internetcafe dann Kayhan. Er hatte 9 Monate lang in Vancouver (Kanada) Englisch studiert, und war erst vor 3 Monaten zurückgekehrt. Spontan lud er uns ein, bei ihm zu übernachten. Gerade bei Einladungen fühlte sich Nadine in ihren Outdoorklamotten nicht so richtig wohl. Nun nutzte sie die Gelegenheit zu einem kleinen Einkaufsbummel. Frisch geduscht präsentierte sie uns anschließend freudestrahlend ihr neues Outfit.

 

 
Nun hatten wir endlich die Möglichkeit zu erleben, was an Ramadan nach Einbruch der Dunkelheit passiert. Bisher stellten wir immer nur fest, daß pünktlich gegen 16:30 Uhr für etwa 30 - 45 Minuten fast keine Verkehrsgeräusche mehr zu hören sind. Frisch geduscht machten wir uns kurz vor 16:00 Uhr auf den Weg um noch den Burgberg zu erklimmen, da man von dort die gesamte Gegend überblicken kann. Die Straßen waren voller Leben und auch in den Geschäfte herrschte reges Treiben. Oben auf dem Burgberg waren bereits viele Jugendliche mit Tüten voller Essen versammelt, um hier auf den Einbruch der Nacht zu warten. Sogar ein paar Polizisten hatten neben ihrem Polizeiauto den Grill angeschürt, auf dem sie ein paar Fische zubereiteten. Punkt 16:30 Uhr verkündete dann ein lauter Böllerschlag das Ende des Fastens für diesen Tag. Auf dem Rückweg zu Kahims Wohnung liefen wir nun durch eine Geisterstadt. Die Straßen waren menschenleer und alle Läden waren geschlossen. Überall waren die Menschen nun zu Hause um zu essen. Nach etwa einer dreiviertel Stunde war der Spuk dann aber wieder vorüber. Die Läden wurden wieder geöffnet und die Straßen füllten sich.
 
Frisch gestärkt fuhren wir am Abend dann noch in ein Café. Als Besonderheit spielt hier während Ramadan jeden Abend eine Band türkische Volksmusik. Völlig überrascht waren wir, in dem Café viele junge Frauencliquen anzutreffen. Von Kahim erfuhren wir, daß Giresun neben Istanbul zu den liberalsten türkischen Städten zählt. Vor allem Frauen können sich hier sehr frei bewegen. Während insbesondere in den ländlichen Gegenden die Mehrheit der Frauen ein Kopftuch trägt, waren hier alle Frauen sehr "westlich" gekleidet.
 
Apropos Giresun! Wußtet ihr eigentlich, daß Giresun die Geburtsstadt der Kirsche ist? Vor über 2000 Jahren wurde sie hier von den Römern auf einer ihrer Feldzüge entdeckt und mit nach Rom gebracht. Wußtet ihr, daß etwa 70% der weltweiten Haselnußproduktion aus der Türkei kommt, und daß das Zentrum hierfür wiederum Giresun ist? Wusstet ihr, daß es im Schwarzen Meer nur eine "Insel" gibt, die ebenfalls vor Giresun liegt? Für alle diejenigen, die jetzt verzweifelt den Atlas rauskramen und Giresun suchen: Giresun liegt an der türkischen Schwarzmeerküste ziemlich genau in der Mitte zwischen Samsun und Trabson.
 
Nachdem wir in den ersten Monaten unserer Reise fast ausschließlich schönes Wetter hatten, holt uns nun langsam aber sicher der Herbst ein. Seit einigen Tagen ist es wieder kalt und regnerisch. Habe mir sogar eine kleine Erkältung zugezogen, die aber bereits wieder abgeklungen ist. Wir werden nun versuchen rasch durch das Landesinnere über Ankara auf die Südseite der Türkei zu radeln. Dort soll nämlich noch Badewetter herrschen!!! Hoffen, daß das auch stimmt.
 
In Samsun fing es dann richtig an zu regnen. Der Regenschauer war so stark, daß es sogar das Wasser wieder aus den Gullideckeln drückte. Der Gullideckel auf dem Photo schwebte sogar 10 cm in der Luft! Aber wie schon so oft hatten wir wieder Glück und waren bei Ertürk, einem jungen türkischen Studenten, eingeladen. Gemeinsam mit ihm eroberten wir dann in der Nacht eines der vielen Cafés. Anders als in Deutschland wird in den türkischen Cafés jedoch sehr viel gespielt. An fast jedem Tisch spielten die Gäste Bagammon, Romécup, Karten, oder Tabu.
 
Jedesmal wenn wir in einer Stadt eingeladen werden haben wir die Möglichkeit etwas mehr über den Fastenmonat Ramadan und seine Traditionen zu erfahren. In Samsun begegneten uns zum ersten Mal die Fastentrommler. Von 16:00 bis 16:30 Uhr ziehen sie mit Trommeln und Gesang um die Häuser um alle aufzuwecken, so daß auch ja niemand das Ende des täglichen Fastens verschläft.
 
Von Samsun bis Ankara standen uns nun 411 Km durch bergiges Land bevor. Da wir vorhatten Asli, die türkische Studentin, die wir in Mikolaiv (Ukraine) kennengelernt hatten, zu besuchen, standen uns ein paar knackige Etappen bevor. Nachdem wir den ersten Pass im Regen erklommen hatten, waren wir bereits völlig durchnäßt. Um uns auf der Abfahrt nicht zu erkälten gingen wir in ein Straßencafé, um uns trockenzulegen. Der Ofen war schon eingeschnürt und herrlich warm. Umgehend wurden wir sogar mit Tee, Brot und Käse bewirtet um uns zu stärken. Nach einer Weile gesellte sich dann auch noch ein LKW-Fahrer zu uns. Ehe wir uns versahen war es dann bereits beschlossene Sache (zwischen Wirt u. LKW-Fahrer), daß wir die nächsten 135 Km mit dem LKW mitfahren würden. Schnell waren die Bikes verladen und nach einer weiteren Tasse Tee wurden wir nun durch die herbstliche Bergwelt chauffiert. Um uns für die unverhoffte Mitfahrmöglchkeit zu bedanken packten wir dann die Gitarre aus und sangen einige Lieder. Schneller und bequemer als erwartet erreichten wir so Çorum.
 
Wir verabschiedeten uns an einer Tankstelle und, da es bereits dunkel war, bauten wir an Ort und Stelle unser Zelt auf. Die Tankstelle war 24h geöffnet und die Nachtmannschaft freute sich sehr über die ungewöhnlichen Gäste. Nun war es uns schon richtig peinlich, daß wir neben dem üblichen Tee auch noch ein Abendessen serviert bekamen. Die Nacht wurde dann recht frisch und am nächsten Morgen erwartete uns dann die freudige Überraschung. Zuerst dachten wir ein einen kleinen Faschingsscherz (es war der 11.11.) doch es hatte über Nacht wirklich geschneit! Wir hatten in der Türkei viel erwartet, doch auf einmal im Schnee zu sitzen, darauf waren wir weder gefasst, noch passend ausgerüstet ( Der Wetterbericht, hatte vor 2 Tage noch 20 Grad in Ankara gemeldet). Auch tagsüber wechselte das Wetter je nach Höhenlage ständig zwischen Schnee und Schneeregen. Teilweise fuhren wir durch knapp 10 cm Schnee. Wir hatten gerade 43 Km zurückgelegt und wollte eine Raststätte zum Aufwärmen ansteuern, als sich ein fliegender Händler unser erbarmte. Kurzerhand wurden diesmal die Fahrräder in den Lieferwagen verladen. Leider war der Lieferwagen etwas marode, so daß die Heizung defekt war und der Wind ordentlich durch die Türen pfiff. Doch da wir zu viert auf den beiden Vordersitzen saßen konnten wir uns zumindest gegenseitig etwas wärmen. Die beiden Jungs (einer sprach recht gut deutsch), hatten ihre Bohrmaschinen während Ramadan anscheinend recht schlecht verkauft, und waren völlig abgebrannt. Also spendierten wir ihnen eine halbe Tankfüllung und wurden dafür bis vor die Tore von Ankara mitgenommen. Auch diesmal verabschiedeten wir uns an einer Raststätte die wir zum aufwärmen nutzten.
 
Anscheinend hatte es sich bis zu dieser Raststätte noch nicht durchgesprochen, daß Gore Tex Jacken wasserdicht sind. So bekamen wir zum Abschied kurzerhand noch ein Update für unsere Jacken. Da wir bereits direkt vor den Toren von Ankara waren, gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder an Ort und Stelle einen Übernachtungsplatz ausfindig machen, oder in Ankara Asli aufsuchen. Ihr Handy war leider ausgeschaltet, so daß wir sie telefonisch nicht erreichen konnten. So machten wir uns dann einfach mal auf den Weg. Irgendwie haben wir auf den ersten Kilometern keinen passenden Übernachtungsplatz gefunden und ehe wir uns versahen, waren wir bei Einbruch der Dunkelheit schon mitten in der 6 Millionen Metropole. Trotz Beleuchtung hatten wir ein sehr ungutes Gefühl, da der Verkehr auf der teilweise 6-spurig ausgebauten Ringstraße sehr schnell und chaotisch war. Irgendwie erreichten wir dann den Busbahnhof (ASTI), ein riesiges Terminalgebäude, von dem aus jede Menge Busunternehmen nahezu jeden größeren Ort in der Türkei anfahren. Hier legten wir erstmal eine Pause ein, aßen etwas und versuchten, wiederum erfolglos, Asli zu erreichen. Anstatt die Nacht im Busbahnhof zu verbringen, entschieden wir uns auf gut Glück die Wohnung von Asli zu suchen, die hinter der ODTÜ (Middle East Technical University) liegen sollte. Eigentlich ein Wunder, aber irgendwie gelang es uns die Uni und auch den Wohndistrikt von Asli auf direktem Weg zu finden. Leider wohnte sie in einem umzäunten Wohnbereich und der Torwärter verweigerte uns den Zutritt. Nachdem er, ebenfalls erfolglos, versucht hatte Asli zu erreichen erklärte er uns, daß wir erst dann aufs Gelände dürfen, wenn unsere Bekannte zu Hause ist. Er meinte, wir sollten uns einfach in ein Café setzten und später nochmal unser Glück probieren. Also fuhren wir in ein nahegelegenes Kebabrestaurant und wärmten uns bei diversen Tassen Tee langsam wieder auf. Mehrmals noch versuchte ich Asli zu erreichen, doch alle Versuche blieben erfolglos. Als ich Sie um 21:30 Uhr immer noch nicht erreicht hatte packte mich einer der Mitarbeiter des Restaurants kurzerhand in sein Auto und fuhr mit mir, vorbei am Torwärter, zu Aslis Wohnung. Hier erfuhr ich dann von einem ihrer Mitbewohner, daß Asli zur Zeit in Frankreich ist, und erst in 6 Tagen wieder da ist. Da der Mitbewohner gerade am Gehen war bot er uns an, daß wir zumindest am nächsten Tag in der Wohnung übernachten könnten. Nun war guter Rat teuer, und ich stellte mich schon darauf ein, mitten in der Nacht mitten in Ankara unser Zelt vor den Toren der Universität aufzubauen.
 
Als ich wieder im Café war, saß Nadine gerade bei einem türkischen Studenten am Tisch. Er sprach sehr gut Englisch, so daß wir ihm unsere mißliche Lage schildern konnten. Etwas später trafen auch seine Freunde ein, und ohne lange zu zögern wurden wir eingeladen bei ihnen die Nacht zu verbringen. Dankbar für die Rettung in letzter Sekunde nahmen wir das Angebot gerne an. Wir waren ja schon von der russischen Gastfreundschaft begeistert. Doch das was wir hier in der Türkei erleben, hätten wir uns in unseren kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Daß uns jemand, schmutzig und erschöpft wie wir waren, mitten in der Nacht quasi von der Straße aufliest und zu sich nach Hause einlädt, ist schon ziemlich unglaublich. Wir haben so etwas leider noch nie gemacht, und außer Michi kennen ich auch bewußt niemanden in Deutschlad, der nachts Leute von der Straße rettet. Wie es der Zufall so wollte, sind wir mitten in einer Studenten WG gelandet. Da wir zudem auch noch auf der gleichen Wellenlänge lagen, stand einem netten Abend nichts mehr im Wege. Nach vielen Geschichten, vielen Liedern und viel Tee war dann um 4 Uhr morgen endlich/leider Schlafen angesagt.
 
Nach einer viel zu kurzen Nacht, ging es am nächsten Spätvormittag zusammen mit Sinan auf die iranische Botschaft, um das Iranvisum für nächstes Frühjahr (Mai 2004) zu beantragen. Nachdem wir noch ein Bild von Nadine mit Kopftuch gemacht hatten, erreichten wir die Botschaft gerader noch rechtzeitig um 12:50 Uhr (ist bis 13:00 Uhr geöffnet). Laut unseren Informationen sollte es ziemlich schwierig sein, ein Visum für den Iran zu bekommen, und die Bearbeitungszeit in Deutschland teilweise mehrere Monate dauern. So waren wir also völlig überrascht, als uns der sehr freundliche Botschaftsmitarbeiter erklärte, daß wir das Visum in 7 Tagen abholen können. Da wir als Touristen ja unseren Paß bräuchten begnügte er sich mit einer Kopie. Völlig unerwartet bot er uns dann sogar an, daß wir ja schon mal Richtung Iran losradeln könnten. Er würde dann die Visaunterlagen an das iranische Konsulat in Erzurum (liegt in der Osttürkei kurz vor der Grenze zum Iran) schicken, so daß wir dann dort unser Visum abholen könnten. Wir erklärten ihm, daß wir erst noch nach Ägypten, und nun erstmal schnell ins warme nach Antalia wollen. Er war zwar etwas erstaunt über unser Vertrauen, als wir ihn fragten, ob unser türkischer Begleiter für uns unsere Visa abholen könne, gab uns dann aber seinen Namen und Telefonnummer, so daß wir ihn anrufen könnten, wenn es Probleme gibt. Wieder einmal hatte sich der schlechte Ruf eines Landes als falsch erwiesen. Und da eine Botschaft ja das "Türschild" eines Landes ist, sehen wir unserem Iranbesuch schon in freudiger Erwartung entgegen.
 
Am Nachmittag  besichtigten wir dann zusammen mit Sinan Ankara und am Abend hatten wir wieder einmal die Gelegenheit, unsere kleine "Diashow" zu präsentieren. Schon klasse wie unkompliziert vieles mit der modernen Technik geworden ist. Schweren Herzens verabschiedeten wir uns dann am nächsten Morgen wieder. Wir hatten zwar das Gefühl, daß wir noch hätten bleiben können, doch möchten wir niemandem zu Last fallen. Irgendwie ist es immer sehr traurig, wenn man neugewonnene Freunde so schnell wieder verlassen muß. Auf alle Fälle wünschen wir Ihnen für ihr Studium weiterhin alles Gute. Die ODTÜ, an der die Vorlesungen in Englisch gehalten werden, ist übrigens die beste Technische Universität der Türkei.
 
Hier im Landesinneren ist es uns bei Temperaturen von 5-10 Grad tagsüber und -2 bis -5 Grad in der Nacht aber doch etwas zu kalt. Also haben wir unsere Siebenmeilenstiefel angezogen und sind nun mit Riesenschritten (80 Km - 95 Km pro Tag) auf dem Weg Richtung Süden. Die Gegend südlich von Ankara ist eine karge Hochebene. Da es nahezu keine Bäume gibt, von Wäldchen wollen wir gar nicht erst sprechen, haben wir unsere Übernachtungsplätze an Rasthöfe verlegt. Mit fließend Wasser, Toiletten, einem Café zum aufwärmen, Bewachung und ein paar netten Angestellten, die uns regelmäßig mit Tee versorgen, bieten sie eine perfekte Infrastruktur für uns. Ohne sie wäre es bei den kalten Temperaturen wesentlich härter für uns!
 
Wir hatten den Nachmittag etwas in Konya vertrödelt, und bis wir wieder vor den Toren der Stadt waren, war es bereits 14:40 Uhr. Laut Ausschilderung sollte die nächste Tankstelle nach 30 Km kommen. Eigentlich in 1,5 bis 2 Std. zu bewältigen, doch nun fingen wieder die Berge an. Ständig ging es entweder steil bergauf oder bergab. Völlig abgekämpft erreichten wir schließlich gegen 17:30 Uhr (es war bereits seit einer halben Stunde dunkel) die ersehnte Tankstelle. Kaum angekommen, wurden wir auch schon von einem Türken abgefangen. Da er etwas deutsch sprach bot er sich an, seinen Freund, den Tankstellenchef, nach einem Zeltplatz für uns zu fragen. Entweder hatte unser Helfer unglücklich übersetzt (und statt nacht einem kleinen Fleck auf dem wir unser Zelt aufbauen können nach einem Schlafplatz gefragt), oder der Chef der Nachtschicht war wirklich so unfreundlich. Auf jeden Fall meinte er, daß hier kein Platz für uns wäre und wir uns gerne bei ein paar Tassen Cay (Tee) aufwärmen könnten, dann aber in den nächsten Ort weiterfahren sollten. Im 50 Km entfernt liegenden Seydisehir, so erklärte er uns, gäbe es genügend Platz. Also wärmten wir uns erstmal am warmen Ofen wieder auf. Ganz im Gegensatz zu ihrem Chef, der jedesmal wenn er etwas wollte wollte einen Schrei aus seinem Büro losließ, worauf stets einer der Tankwarte umgehend anfing ihm Tee oder Zigaretten zu bringen, waren die Tankwarte sehr interessiert und nett. Nach ein paart Tassen Tee verabschiedeten wir uns von den Tankwarten. Wir wollten gerade anfangen nach einem Zeltplatz etwas abseits der Tankstelle zu suchen, als die Tankstellenjungs erkannten, daß wir nicht weiterfahren konnten. Gegen den Willen Ihres Chefs zeigten Sie uns dann ein ruhiges Plätzchen auf dem Tankstellengelände. In der Nacht gab es dann wieder starken Frost, so daß unser Zelt am nächsten Morgen mit einer dicken Schicht Reif überzogen war. Die Sonne wurde nun aber wieder etwas kräftiger, so daß wir das Zelt gut trocknen lassen konnten.
 
Um in den kalten Nächten nicht allzusehr zu frieren haben wir unsere Wasserbeutel als Wärmflaschen umfunktioniert und mit heißem Wasser gefüllt. Nachdem wir uns so in den ersten Nächte ganz gut wärmen konnten, ist dann schließlich der "worst case" eintreten. Nadines Wassersack wurde undicht und im Handumdrehen war einer unserer beiden Schlafsäcke patschnaß. Glücklicherweise durften wir den nassen Schlafsack und die nassen Klamotten von Nadine zum trocknen im Tankstellenrestaurants zum trocknen auf die Heizung legen. Wir befanden uns aber mittlerweile auf etwa 1550m. Also zogen wir alles was uns wärmen konnte an und verbrachten so die Nacht mit nur einem Schlafsack. Zum Glück hatten wir diesmal unser Zelt in einer Picknickhütte aufgebaut, so daß wir zumindest vom kalten Wind geschützt waren. Nun ja, irgendwie haben wir auch diese Nacht rumgebracht.
 
Obwohl uns einige Türken bereits von dieser Route abgeraten hatten, entschieden wir uns doch den direkten Weg Richtung Südküste zu nehmen. Da wir nicht für diese kalten Temperaturen ausgerüstet waren zehrte jeder weiter Tag stark an unseren Kräften. Außerdem war der kürzeste Weg laut Karte auch der einzige, auf dem es keine Pässe zu überwinden galt. Da auf anderen Straßen bereits Pässe die auf 1260m lagen eingezeichnet waren (Die Hocheben zwischen Ankara und der Südküste liegt zwischen 1000m und 1100m), hofften wir hier recht gut durchzukommen. Doch die Straße schraubte sich immer höher in die Berge. Plötzlich hielt ein LKW vor uns an. Der Fahrer erklärte uns, daß es die nächsten Kilometer steil bergauf gehen würde und bot uns an, uns hochzuschleppen. Hauptsächlich aus Neugierde, ob und wie das wohl funktionieren würde, nahmen wir das Angebot an. Der erste Anfahrversuch scheiterte zwar (Nadine ist einfach umgeplumst), doch dann ging es besser als erwartet. Es kostete zwar etwas Kraft sich an dem Hanfseil festzuhalten, doch kein Vergleich zu den Anstrengungen, die wir uns so ersparten. Bergauf ging es wirklich erstaunlich gut insbesondere, wenn wir etwas mitstrampelten. Unwohl haben wir uns eigentlich nur auf einem Flachstück gefühlt. Ist nämlich ein ziemlich komisches Gefühl bei knapp 50 Km/h 2 Meter hinter einem LKW zu hängen. So bezwangen wir also schneller als erhofft die letzten Höhenmeter. Nach 7 Km und knapp 250 Höhenmetern hatten wir den höchsten Pass erreicht. Dankbar verabschiedeten wir uns von unserem LKW-Fahrer.
 
Kaum zu glauben, aber auf der laut Karte relativ ebenen Straße standen wir nun auf 1825 m.ü.d.M. Eigentlich hätte es die letzten 70 Km bis zum Meer nur noch bergab gehen dürfen. Leider wieder weit gefehlt. Einige heftige Gegenanstiege (teilweise über 300 Höhenmeter) erschwerten uns die Abfahrt ein wenig. Glücklich erreichten wir am Abend dann endlich dir türkische Südküste und waren somit wieder im Warmen.
 
Nach all den Strapazen der letzten Tage war es nun endlich Zeit für einen schönen Faulenzertag am Strand. In der Sonne war es herrlich warm und auch das Meer war noch warm genug zum baden. Da wir in den Bergen andere Probleme hatten, war unser Wäscheberg mittlerweile ziemlich groß geworden. Auf der Suche nach einem Waschsalon wurden wir von Barbara und Giuseppe, den Betreibern einer Pizzeria in Side, auf einen Cappuccino eingeladen. Wir kamen ins erzählen und irgendwie verging die Zeit auf einmal wie im Fluge. Wir hatten uns gerade auf den Weg gemacht, um auf einer kleinen Wiese neben der Jandarmarie unser Zelt aufzubauen, als wir nochmal zurückgerufen wurden und eingeladen wurden, in einem Zimmer in dem zum Restaurant gehörenden kleinen Hotel zu übernachten. Gerne nahmen wir das Angebot an. Irgendwie war die Pizzeria in all dem Touristenrummel wie eine kleine Oase. Während man vor den typischen Touristenrestaurants teilweise sehr penetrant angesprochen wurde, nur um einen in das Restaurant zu locken, herrschte hier ganz der italienische Flair. Giuseppe ließ sich durch Nichts aus der Ruhe bringen. Alles ging hier gemütlich seinen Gang. Obwohl Giuseppe und Barbara Ihre Pizzeria erst in dieser Saison eröffnet hatten, hatten sie bereits viele (insbesondere Schweizer) Stammgäste, die sich bei ihnen sehr wohl fühlten.
 
Da sich Sandra, unsere erste Besucherin, für Sonntagabend angekündigt hatte, machten wir uns langsam auf den Weg Richtung Antalya (noch 70 Km entfernt). So landeten wir in Belek, dem letzen großen Badeort vor dem Flughafen. Wir wollten gerade am Strand unsere Wasservorräte auffrischen, um in einem nahegelegenen Waldstück unser Zelt aufzubauen, als wir Dieter und Renate kennenlernten. Die Beiden hatten hier ein Ferienhäuschen und kannten die Betreiber einer Strandbar recht gut. Schneller als wir bis drei zählen konnten war es bereits abgesprochen, daß wir auf einem Stückchen Wiese neben der Strandbar übernachten durften. Insbesondere die Kellner hatten viel Spaß mit uns, und so verbrachen wir den Abend kartenspielend vor dem offenen Kamin. Am nächsten Morgen, wir waren gerade dabei das Chaos in unserem Zelt zu bändigen, kamen Renate und Dieter nochmal vorbei und luden uns ein, daß wir auch gerne bei ihnen im Garten zelten könnten. Eigentlich hatten wir geplant an diesem Tag bis an den Flughafen zu radeln, um möglichst nah am Flughafen einen Zeltplatz zu suchen. Wir erwarteten Sandra für 23:25 Uhr und wollten dann keine große Weltreise mehr veranstalten. Dieter und Renate boten dann auch noch an, daß auch unser Besuch bei Ihnen übernachten könnte und da sie ein Auto hatten würden sie auch gerne Sandra mit uns vom Flughafen abholen. Dankbar über die unverhoffte Einladung nahmen wir das Angebot an. Tja und kurz vor Mitternacht war es dann soweit: unser erster Besuch war angekommen! Natürlich hatten wir alle viel zu erzählen und es so war es schon sehr spät als wir endlich ins Bett kamen. Übrigens durften wir natürlich nicht im Garten zelten sondern durften in einem Zimmer im Haus schlafen.
 
Für den nächsten Tag hatten dann Renate und Dieter schon ein komplettes Programm ausgearbeitet. Nach einer kurzen Rundfahrt durch den Touristenort Belek  ging es dann erst einmal nach Aspendos. Aspendos ist ein vollkommen erhaltenes antikes Theater, in dem auch heute noch Konzerte veranstaltet werden. Von dort ging es dann weiter in die Berge Richtung Seleg. Einem wunderschönen Wildwasserfluß, optimal für Rafting und Kanufahren, folgend ging es immer weiter in die Berge. Nach knapp 50 Km erreichten wir dann unser Ziel. Eine noch befahrbare Brücke aus der Römerzeit. Zwar wurde die  Brücke mittlerweile etwas ausgebessert (ein LKW wollte sie überqueren und war dann doch zu schwer), doch ist sie immer noch voll in Betrieb.
 
Auf dem Rückweg hatten wir dann noch die Gelegenheit Gösleme, die türkische Variante von gefüllten Crêpes, kennenzulernen. Der Teig dieser traditionellen Speise wird mit Hilfe eines kleinen Stabes zu einem großen Fladen ausgerollt.  Dieser wird dann auf einem Blech liegend über dem offenen Feuer gebacken. Anschließend wird der Fladen noch mit Spinat und/oder Käse gefüllt und fertig ist das Gössleme. Dazu bekamen wir noch Salat und Tee gereicht. Besonders erstaunt waren wir, als man uns noch mit Popcorn und gerösteten Erdnüssen bewirtete und uns Blumen und Thymian schenkte. Wir dachten, daß es sich hier um einen weiteren türkischen Brauch handle, da heute der letzte Tag des Fastenmonats Ramadan war, und nun das Zuckerfest folgte. Das Zuckerfest (Bayram) folgt direkt auf Ramadan und dauert 3 Tage. Während dieser Zeit haben alle Banken und Behörden, so wie die meisten Geschäfte geschlossen. Man besucht seine Verwandten, feiert und ißt fröhlich miteinander. Aber auch alle anderen lässt man an dieser Freude teilhaben, indem man großzügig Süßigkeiten verschenkt. Wir dachten, daß es sich hier um einen Vorgeschmack auf Bayram handle. Doch wir hatten die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Dieser wollte nämlich auf einmal 40 Millionen Türkische Lira (etwa 23,- €) für unsere Bewirtung. Extrem teuer für die 3 Gössleme die wir bestellt hatten, zumal das "Restaurant" aus ein paar Bänken und einem Tisch bestand, die man am Straßenrand aufgestellt hatte. Renate und Dieter hatten aber bereits mehr Erfahrung bei türkischem Preiswucher. Nach zähen Preisverhandlungen bezahlten Sie dann 15 Mio. TL. Zunächst schienen unsere Gastgeber zwar etwas verärgert, waren aber letztendlich doch nicht ganz unzufrieden über den erzielten Preis. Eine Rückfrage bei einem türkischen Bekannten von Renate und Dieter ergab dann, daß der angemessene Preis bei etwa 10 Mio. TL gelegen hätte. Für uns war das nun eine ganz neue Situation. Bisher hatten wir nie um den passenden Preis handeln müssen. Vor allem als Radfahrer wurden wir stets sehr fair und zuvorkommend behandelt. Aber so kann es einem halt gehen, wenn man auf einmal mitten in einem Touristengebiet auftaucht. Den Einheimischen, gerade in den Bergdörfern, kann man es auch nicht verübeln, wenn sie so hohe Preise verlangen. Sie leben oft noch in sehr ärmlichen Verhältnissen und sehen tagtäglich die reichen, zumeist deutschen Touristen durch ihre Dörfer fahren. Sie wären ja auch schön dumm, wenn sie ihre Chance nicht nutzen würden, um ihre Produkte bestmöglich zu verkaufen. Und solange die Touristen freiwillig bereit sind, den zu hohen Preis zu bezahlen, ist ja auch alles in Ordnung.
 
Am nächsten Tag statteten wir der Touristenhochburg Antalya einen Besuch ab. Wir waren bereits auf das schlimmste Vorbereitet, und mußten dann doch viele unserer Vorurteile revidieren. Das Stadtzentrum mit seinen alten Bauwerken, die verwinkelten Gassen und die ehemalige Straßenbahn aus Nürnberg (Linie 2; mit dieser Linie bin ich früher zur Schule gefahren) überwältigten uns mit ihrem Charme. In einer Seitengasse hatten wir die Gelegenheit die älteste Moschee Antalyas zu besichtigen, die eigens für uns geöffnet wurde. Anschließend wurden wir von einem Teppichhändler noch zu einem Cay (Tee) eingeladen. Er fand übrigens besonderen Gefallen an Sandra und wollte eigens für sie ein Internetcafe bauen. Auch den Einkauf eines Geschenkes für Renate und Dieter in einem kleinen Geschäft an der Haupteinkaufsstraße endete anders als erwartet. Der Verkäufer kümmerte sich rührend und keineswegs aufdringlich um uns (wobei er das Einpacken von Geschenken nochmal üben muß).  Er war sogar ganz erstaunt, daß Sandra wirklich etwas kaufen wollte. Auf unseren Streifzügen durch die Altstadt entdeckte Sandra ein kleines Hotel, daß sie sich mal ansehen wollte (falls sie keinen direkten Rückflug bekommt und nochmal übernachten muß). Aus der kleinen Besichtigung wurde spontan eine Einladung zum Cay. Der Hotelbesitzer lebt seit 20 Jahren in Deutschland und war nun zufällig hier um mal nach dem rechten zu sehen. Leider viel zu früh verließen wir dann Antalya bei Einbruch der Dunkelheit.
 
Nach zweieinhalb Tagen verabschiedeten wir uns dann schweren Herzens von Renate und Dieter. Die Gastfreundschaft die sie uns erwiesen war schon ganz außergewöhnlich. Nicht nur, daß sie uns bei sich aufnahmen und aufs köstlichste bewirteten, sondern auch Sandra, unser Besuch, wurde sofort ebenfalls eingeladen. Ihre eigenen Kinder hätten sie nicht besser umsorgen können als uns. Am Vorabend stellten wir plötzlich fest, daß unser Photo unauffindbar war. Dummerweise hatten wir ihn in dem kleinen Hotel in Antalya vergessen, wie wir dann bei einem Anruf herausfanden. Der Hotelbesitzer war uns zwar noch nachgelaufen, hat uns aber leider nicht mehr erreicht. Wir verabredeten uns nun mit Sandra in dem italienischen Café in Side. Währen wir gemütlich nach Side radelten, wurde Sandra von Renate und Dieter sogar noch nach Antalya bis zu besagtem Hotel mitgenommen, um unseren Photo zu holen, und zu guter letzt dann in den passenden Bus nach Siede gesetzt.
 
Damit Sandra zumindest ein kleinwenig das Weltenbummlerfeeling zu spüren bekam (sie kam ohne Fahrrad) beschlossen wir, auf einem kleinen Stückchen Wiese am Strand zu zelten. Es war bereits dunkel, als wir anfingen die Zelte aufzubauen. Mitten beim Aufbauen mußten wir aber feststellen, daß bei Sandras Zelt (hatte sie sich von einem Freund geliehen) die Heringe fehlten. Da das Zelt aber ohne nicht stehen wollte, quartierten wir Sandra kurzerhand bei uns ein. Kaum zu glauben, aber in das nur 2,3 Kg schwere Zelt von Golite haben wir wirklich zu dritt inklusive allem Gepäck gepasst. Noch erstaunlicher ist aber, daß wir nicht einmal wie die "Heringe" liegen mußten und sogar etwas Bewegungsfreiheit hatten!!!
 
Sehr zur Freude von Sandra (und Nadine) wimmelte es am Strand nur so von wilden Hunden. besonders angetan hatte es ihr ein kleiner Mischlingswelpe (3-4 Monate alt). Nachdem er eine Nacht lang gejault hatte taufte sie in auf den Namen "Singer". Ganz zu meiner Freude waren Sandras Hundefütterungen so beliebt, daß teilweise 6 Hunde um uns herumtobten. Insbesondere Singer wich uns kaum mehr von der Seite. In der zweiten Nacht war er sogar so aufdringlich, daß er zwischen Außen- und Innenzelt gekrabbelt kam. Nun wurde es Zeit für "Martins Hundeblitzkurs". Ganz nach Hundeart packte ich Singer am Nacken, schüttelte ihn etwas durch und warf ihn 1,5 m weit in den Sand. Der richtige Erfolg stellte sich dann nach einer Wiederholung des Kurse und einer kleinen Verfolgungsjagd ein. Im Gegensatz zu Singer hat das ganze Sandra aber etwas mehr mitgenommen. Um sich das Gejaule, das junge Hunde veranstalten, wenn sie am Nacken gepackt werden (machen die Hundemamas auch so) nicht anhören zu müssen, saß sie im Zelt und hat sich die Ohren zugehalten. Nun ja, Sandra konnte es natürlich nicht sein lassen, die Hunde zu füttern und zu tränken, und so habe ich dann irgendwann wegen der großen Übermacht aufgegeben.
 
Immer faszinierender wurde für uns die Tatsache, daß wir uns zwar mitten in der Touristenhochburg der Türkei befanden, aber ganz andere Erfahrungen machten und anders behandelt wurden, als all die anderen Touristen. Zuerst durften wir in Side in einem kleinem Hotel über dem Italienischen Restaurant kostenlos übernachten. Dann haben wir in Belek mit den Bedienungen eines Strandrestaurants am Abend Karten gespielt und wurden von Langzeiturlaubern, die hier ein Ferienhaus haben, eingeladen und umsorgt. In Manavgat haben wir von einem Kind zwei Armbänder mit den Auge Fathimas geschenkt bekommen (das Kind verkauft die Armbänder normalerweise an Touristen). Der Besitzer einer Strandsaftbar spendierte uns erst einen frisch gepressten Orangen- Granatapfelsaft und verabredete sich dann für den Abend mit uns. Von dem Abendessen dass wir (Nadine) gekocht hatten wollte er nichts annehmen. Stattdessen bewirtete er uns mit Cola und Süßigkeiten. Und schließlich versorgte uns Richi, ein türkischer Hundebesitzer, mit frischem Obst, um die Erkältung, die ich mir wieder eingefangen hatte, zu lindern. Zu Giuseppe haben wir uns ja schon gar nicht mehr getraut, weil wir da eh nicht hätten bezahle dürfen. Daneben teilten sie alle ihre Art zu leben und Ihre Erfahrungen mit dem Massentourismus mit uns. Und das mitten in Antalya (Belek, Side) wo tagtäglich tausende von Touristen etwas ganz anderes erleben.
 
Nach genau einer Woche verabschiedete sich Sandra dann leider wieder von uns. Ganz zum Leidwesen von all den Hunden am Strand :-))). Wer also Zeit und Lust hat kann uns gerne jederzeit besuchen. Einfach kurz eine Mail schicken und Termin und Treffpunkt ausmachen. Wir freuen uns schon!
 
Nun ging es für uns weiter nach Alanya. Wir hatten erfahren, daß von Alanya sowohl Fährschiffe nach Zypern fahren würden, als auch Frachtschiffe mit türkischem Trinkwasser nach Israel. Wir erreichten Alanya bei Einbruch der Dunkelheit. Von den Betreibern einen Bekleidungsboutique bekamen wir den Tip daß der Strand sehr gut zum Zelten geeignet wäre, und so quartierten wir uns in Alanya Mitten auf dem Haupttouristenstrand ein. Ein Zeltplatz mit allem Komfort: eigene Dusche, Gitterbox um die Bikes einzusperren, Supermarkt auf der anderen Straßenseite und natürlich das Meer.
 
Am nächsten Morgen machten wir uns auf zum Hafen. Es herrschte ein Riesen Trubel, da gerade eine Fähre nach Nordzypern beladen wurde. Dies und die Tatsache, daß sowohl die Mitarbeiter der Fährunternehmen als auch die Beamten der Hafenmeisterei extrem unfreundlich waren machten es uns besonders schwierig überhaupt irgendwelche Informationen zu erhalten. Nach 2 Stunden wußten wir dann, daß die Fähre nach Nordzypern 3x die Woche fährt, wieviel die Überfahrt kostet und daß es keine Frachtschiffe gibt. Fähren nach Israel und Ägypten gab es natürlich auch nicht. Nun war guter Rat teuer.
 
Die nächsten 3 Tage verbrachten wir damit stundenlang im Internet zu surfen, um irgendeine Fährverbindung ausfindig zu machen. Wir fanden zwar heraus, daß von Südzypern prinzipiell Fähren gen Israel und Ägypten fahren. Das Problem ist aber, daß man von Nordzypern (Türkei) nicht nach Südzypern (Griechenland)einreisen darf. Allein an diese Information zu kommen war schon äußerst schwierig. Weder die Hafenbehörden noch das deutsche Konsulat konnten uns hierbei weiterhelfen. Eine korrekte Auskunft erhielten wir dann erst von der türkischen Ausländerpolizei.
 
Sinan, einer unserer türkischen Gastgeber in Ankara, schieb uns in einer Email, daß es Probleme mit unserem Visum für den Iran gab. Laut Aussage der Botschaft würde die Bearbeitung unseres Antrages noch mindestens einen Monat dauern. Mehrmals versuchten wir vergebliche die Botschaft zu erreichen, doch immer war eine Bandansage auf Iranisch und türkisch zu hören. Wir vermuteten, die Öffnungszeiten der Botschaft. Schließlich fanden wir mehr zufällig heraus, daß die Bandansage nur die Nummern angab, um sich in die passende Abteilung weitervermitteln zu lassen. So erreichten wir also Mr. Sadeghi, den freundlichen Botschaftsmitarbeiter, den wir schon von der Antragstellung her kannten. Er erklärte uns, daß mit dem Antrag alles in Ordnung sei, und wir lediglich persönlich kommen müssten, um das Visum abzuholen. Parallel kam per Mail eine Einladung von Asli aus Ankara. Also erkundigten wir uns nach einer Busverbindung nach Ankara und noch am selben Tag saßen wir dann für 15,- € pro Person im Nachtbus. Für die knapp 500 Km lange Strecke brauchten wir nun 8 Stunden (nicht 7 Tage wie beim Hinweg), so daß wir Ankara gegen 7:00 Uhr erreichten.
 
Wir hatten uns für 8:00 Uhr bei Cagatay, Sinan und Rasim (unsere Gastgeber vom letzten mal) angekündigt. Wir wurden am Busbahnhof noch zu einer Tasse Cay (Tee) eingeladen, so daß wir erst gegen 9:00 Uhr bei ihnen eintrafen. Wir klopften, doch niemand öffnete. Wir befürchteten, sie wären bereits alle in der Uni, und wollten sie zumindest anrufen. Also fuhren wir zur nächsten Telefonzelle, investierten unser letztes Geld in eine Telefonkarte um dann zu unserer Überraschung festzustellen, daß sie alle zu Hause waren. Die Nacht war aber anscheinend wieder etwas lang, so daß sie alle noch in den Betten lagen. Von ihnen erfuhren wir, daß die Iranische Botschaft freitags geschlossen ist (der Freitag ist im Islam wie bei uns der Sonntag), jedoch am Samstag geöffnet wäre. Die ganze Hektik war nun also umsonst. Am nächsten Morgen ging es nun zur Iranischen Botschaft. Wir trafen wieder Mr. Sadeghi und nachdem wir den Einzahlungsbeleg der Visagebühr vorgelegt hatten wurden unsere Visaanträge bearbeitet. Im Warteraum trafen wir auf Serge, einen Schweizer Radfahrer mit seiner schottischen Freundin. Während sie nur zu Besuch in die Türkei geflogen war, waren er und seine 2 Freunde mit Fahrrad von der Schweiz (Start ebenfalls 01.06.2003) über den Balkan in die Türkei geradelt. Während er die letzten 6 Wochen mit seiner Freundin am Strand verbracht hatte, waren seine Freunde mittlerweile nach Van in der Osttürkei geradelt. Dort wollten sie sich dann die nächsten Tage treffen um in den Iran zu fahren. Tja die Jungs sind anscheinend härter drauf als wir. Sie sind nämlich auch mit dem Zelt unterwegs und die Osttürkei ist momentan eher sehr kalt (teilweise liegt Schnee). Insbesondere im Grenzbereich zum Iran warten Pässe mit über 2000 M.ü.M.; und das im Dezember und Januar. Nach 1,5 Stunden bekamen wir dann unser Visum, doch leider nur mit einer Gültigkeitsdauer von 2 Monaten. Das bedeutete, daß wir im Januar in den Iran hätten einreisen müssen. Wir erklärten Mr. Sadeghi, daß es nicht möglich ist im Januar mit Bike und Zelt durch die iranisch Bergwelt zu reisen. Er hatte zwar Verständnis für unser Problem, musste aber erst noch einen Kollegen fragen ob eine länger Gültigkeitsdauer möglich sei. Als er wiederkam fragte er mit einem Lächeln auf dem Gesicht ob 5 Monate ausreichend seien, oder ob wir lieber 6 Monate haben wollten. Wir entschieden uns natürlich für 6 Monate und so wurden unsere Visa umgeschrieben. Zu guter Letzt gab er uns noch seine Telefonnummer, mit dem Hinweis, daß wir ihn anrufen sollen, falls es an der Grenze oder im Iran Probleme geben sollte.
 
Das Wochenende verbrachten wir dann endlich bei Asli. Sie wohnte zusammen mit 3 Weiteren Studenten in einem Reihenhaus. Da die Studenten in der Türkai anscheinend einen komplett anderen Rhythmus haben als wir; wir stehen kurz nach Sonnenaufgang auf und gehen kurz nach Sonnenuntergang ins Bett, währen die Studenten die ganze Nacht durchmachen und dann am Vormittag bis in den frühen Nachmittag hinein schlafen. D.h. wir regelten am Vormittag unsere Visaangelegenheiten um dann gegen Mittag gemeinsam mit den anderen zu "Frühstücken". Während die Studenten dann in der Nacht zur Hochform aufliefen hielten wir meist maximal bis 01:030 durch, bevor wir todmüde ins Bett vielen. Dummerweise war meine Erkältung wieder schlimmer geworden, so daß wir die meiste Zeit zu Hause bei Asli blieben, statt uns Ankara anzusehen. Gleich am 2. Tag übergab uns Asli den Haustürschlüssel, so daß wir machen konnten was wir wollten. Teilweise waren wir den halben Tag alleine zu Hause. Wir sind ja schon viel von der türkischen Gastfreundschaft gewohnt, aber immer wieder werden wir aufs neue überrascht. Von Asli haben wir dan erfahren, daß man allen Türkischen Kindern und Jugendlichen (bis hin zur Uni) in der Schule beibringt, daß ein "guter Türke" gastfreundlich ist. Ganz anders bei uns in Deutschland. Wir bringen unseren Kindern bei, daß sie von Fremden keine Süßigkeiten annehmen sollen, mit keinem Fremden mitgehen sollen und auf gar keinen Fall jemand fremdes ins eigenen Haus lassen sollen.
 
Nachdem wir nach fünf Tagen alle Visaangelegenheiten erledigt hatten, hieß es leider Abschied nehmen von Asley und ihren Mitbewohnern. Bereits an der Botschaft hatten wir ein sehr günstiges Ticketangebot für den Bus nach Adana bekommen. Da ich sowieso noch krank war, bei Nadine eine Erkältung im Anmarsch war und es obendrein sehr kalt und regnerisch war, entschieden wir (Nadine) uns kurzerhand dazu den Bus nach Adana zu nehmen. Wieder einmal hieß es beim Ticketkauf, daß die Fahrräder im Preis inbegriffen sind, doch als wir dann unser Gepäck verladen wollten, sollten wir nochmals 15 Millionen für die Fahrräder bezahlen (das war genauso viel wie das Ticket selbst). Da ich so etwas gar nicht abhaben kann, wurde ich kurz etwas lauter und energischer, und so geschah es, daß die Fahrräder ohne Aufpreis verladen wurden. Am Nächsten Morgen erreichten wir dann Adana, wo wir dann samt Gepäck recht ruppig am Strassenrad ausgesetzt wurden (der Bus fuhr weiter nach Antakya).
 
Wir verliesen gerade Ceyhan als uns ein Auto überholte und dann am Straßenrand anhielt. Zwei junge Männer stiegen aus, zogen ein Mädel an den Haaren hinter sich her und begannen Sie zu schubsen und zu schlagen. Instinktiv hielten wir an und versuchten die Jungs durch rufen von ihrem Vorhaben abzubringen. Einer der Jungs, offensichtlich sehr erbost, ging daraufhin auf uns los. Da er versuchte vermutlich ein Messer aus seiner Tasche zu ziehen ergriffen wir die Flucht. Er rannte uns zwar noch hinterher und warf ein paar Steine nach uns, doch wir waren zum Glück schneller. Wir waren gerade mal ein paar hundert Meter weit gekommen, als die Jungs, die mittlerweile mit dem Mädel fertig waren, die Verfolgung aufnahmen. Kurz bevor sie bei uns waren wechselten wir auf einen parallel verlaufenden Feldweg. Gerade noch rechtzeitig, denn nachdem das Auto angehalten hatte, sprang auch schon einer der Jungs aus dem Wagen, rannte uns hinterher und bewarf uns mit Steinen. Wieder entkamen wir knapp. In unserer Not flüchteten wir uns zu einer Gruppe Straßenarbeiter, die etwa 800m weiter damit beschäftigt waren, Bäume anzupflanzen. Wir schilderten ihnen unsere Situation, woraufhin sie sofort die Polizei rufen wollten, was wir jedoch ablehnten. Wir vermuteten, daß es sich bei der ganzen Sache um eine Familienangelegenheit handelte. Das "westlich" gekleidete Mädel hatte sich vermutlich nicht ganz im Sinne der Familie verhalten und wurde nun von einem der Brüder und/oder Cousins zur Rechenschaft gezogen. Wir befürchteten, daß wir es, wenn wir die Polizei einschalten, plötzlich mit der ganzen Familiensippe zu tun bekommen. Keine schöne Vorstellung, wenn man in einem Land reist, in dem die Blutrache immer noch zum Alltag gehört. Als Radreisende mit unseren bepackten Rädern sind wir natürlich auch leicht zu finden, und Gelegenheiten, um uns eine Abreibung zu verpassen, gibt es jeden Tag zur Genüge. Das wußten anscheinend auch die Jungs und warteten einfach in ihrem Auto darauf, daß wir wieder auf die Straße zurückkehren würden. Zum Glück kam nach einer Weile ein Traktor vorbei. Den Traktor als Sicht- und Begleitschutz nutzend, radelten wir dann den Jungs einfach davon.  Glücklicherweise konnten wir so 20 Km zurücklegen, bevor der Traktor abbog. Wir waren mittlerweile auf einer stark befahrenen Hauptstraße, doch bei jedem nahenden Fahrzeug schaute ich mich nervös nach hinten um. Nach Georgien hatten wir nun also zum zweiten mal Glück gehabt. Uns war das Ganze ein Lehre. Auch wenn es uns sehr schwer fällt, werden wir uns in Zukunft aus derartigen Streitigkeiten heraushalten.
 
Nach der ganzen Aufregung war uns natürlich sehr an einem sicheren Schlafplatz gelegen. Also steuerten wir kurzerhand eine Tankstelle an. Nachdem wir zuerst mit Tee, Mandarinen, Orangen und Keksen bewirtet wurden, wurde unsere Bitte, das Zelt aufbauen zu dürfen, ausgeschlagen. Zur Tankstelle gehörten auch zwei Tankwagen. Der komfortableren der Beiden, mit Standheizung und zwei Betten, wurde uns als Unterkunft angeboten. Gerne nahmen wir das Angebot an. Zum Glück fand ich jedoch heraus, wie man die Standheizung ausschalten, sonst wären wir vermutlich gegrillt worden. Mitten in der Nacht weckte uns dann einer der Fahrer. Der Tankwagen wurde benötigt und so mußten wir in den anderen LKW umziehen. Müde wie wir waren schliefen wir aber nach dem Umzug direkt wieder ein. Ein paar Stunden später wurden wir wieder wach. Der Chef der Tankstelle hatte den LKW gestartet. Wir befürchteten, daß nun auch noch dieser LKW benötigt werden würde, doch es wurde nur etwas Benzin abgepumpt. In der Vermutung, daß ich schlafen würde, nutzte der Chef die Situation für einen erfolglosen Annäherungsversuch an Nadine. So waren wir also fast vom Regen in die Traufe gekommen. Der einzige Unterschied zwischen dem Tankstellenbesitzer und den Jungs, die das Mädel attackiert haben, war lediglich, daß er Ihr Vater hätte sein können. Zwar dankbar für die nette Übernachtungsmöglichkeit aber enttäuscht über das Machohafte Verhalten des Chefs radelten wir am nächsten Morgen weiter.
 
Um von Iskenderun nach Antakya zu gelangen muß man erst einen kleinen Pass überwinden. Das Problem an der Sache ist aber weniger der Höhenunterschied sondern der Wind der einem hier entgegenbläst. Der "gebrochene Stein" (Name des Windes) zeigte sich uns von seiner besten Seite. An fahren war zeitweise nicht mehr zu denken, uns selbst das Schieben war dann ein enormer Kraftakt. Stellenweise war der Wind so stark, dass wir gerade noch die Fahrräder festhalten konnte. Fast hätte der Wind sie einem einfach aus der Hand gedrückt. So legten wir auf den ersten 8 Km eine Frühstückspause in einer Bushaltestelle und zwei Teepausen in einer Tankstelle und in einem Restaurant ein. Wir waren gerade nach der zweiten Teepause wieder losgefahren, als der Fahrer eines Pickups anhielt. Schneller als wir bis drei zählen konnten waren wir samt unseren Rädern auf die Ladefläche verladen. So legten wir die nächsten paar Kilometer bis kurz vor den Pass schneller als erwartet zurück. Ganz zu unserem Erstaunen war auf dem Pass vom "gebrochenen Stein" kaum mehr als ein laues Lüftchen übriggeblieben, und im Tal auf der anderen Seite herrschte sogar Windstille.
 
Wir wollte vor den Toren von Antakya unser Zelt aufschlagen. Also hielten wir an einer Tankstelle um unsere Wasservorräte aufzufrischen. Wie so oft in der Türkei wurden wir vom Manager der Tankstelle auf eine Tasse Tee eingeladen. Zusammen mit dem Managers und seinem Fahrer saßen wir nun in seinem Büro, das selbst nach westeuropäischen Maßstäben sehr nobel eingerichtet war.  Wir haben mittlerweile ein kleines Photoalbum mit zwei Bildern je Land zusammengestellt und so erzählten Ihnen von unserer Reise. Daß wir im Zelt schlafen konnten Sie überhaupt nicht verstehen. Zumindest in Antakya sollten wir im Hotel übernachten. Wir erklären ihnen so gut es ging (sie verstehen nur sehr wenig Englisch), daß unsere Reisekasse leider keine kostspieligen Hotelübernachtungen zuläßt. Unbeeindruckt davon bestanden sie, insbesondere der Fahrer (Ramazan) darauf, daß wir im Hotel übernachten sollten. Über das Geld sollten wir uns keine Sorgen machen. Über der zweiten Tasse Tee beruhigten sich dann aber die Gemüter wieder. Kaum war die zweite Tasse Tee geleert, als der Manager und Ramazan aufsprangen. Wir verabschiedeten uns und fuhren dann gemeinsam mit Ramazan  los. Ramazan fuhr mit seinem Auto erst noch eine Weile vor uns her. Als er nochmal anhielt winkten wir zum Abschied und fuhren weiter. Vor lauter Teetrinken hatten wir natürlich ganz vergessen unsere Wasservorräte aufzufrischen. Also hielten wir an der nächsten Tankstelle erneut an, füllten unsere Wasserflaschen und stärkten uns mit etwas Brot und Käse. Wir hatten gerade den letzten Brocken Käse gegessen als Ramazan vorgefahren kam. Sichtlich aufgeregt fragte er uns, ob wir ein Problem hätten. Er habe weiter vorne auf uns gewartet, doch wir seien nicht gekommen. Wir sollten ihm jetzt bis zum Hotel folgen. Jetzt dämmerte uns langsam was hier vor sich ging. Der Manager hatte vermutlich Ramazan Geld gegeben, damit dieser uns in ein Hotel in Antakya einquartieren konnte. Da wir Ramazan keine Schwierigkeiten bereiten wollten, entschieden wir uns brav mitzufahren. Nach einem kurzen Halt in einer Pizzeria, die irgendjemand in Ramazans Familie gehörte, brachte er uns direkt in ein sehr gutes Hotel (40,-$ für ein Doppelzimmer). Er erklärte uns dann, daß wir auf keinen Fall bezahlen dürfen und verabredete sich mit uns für 21:00 Uhr, um ins Kino zu gehen. So saßen wir also nach über 6 Monaten das erste Mal in unserem eigenen Hotelzimmer, das wir nicht einmal selber bezahlen durften. Wir nutzten die ungewohnte Freiheit und bummelten erst einmal über den nahegelegenen Basar. Nachdem wir geduscht und unsere Wäsche gewaschen hatten wurden wir auch schon von Ramazan abgeholt. Eigentlich hatten wir erwartet, den Manager der Tankstelle wieder zu treffen, doch Ramazan war mit zwei Freunden gekommen. Gemeinsam ging es nun ins Kino. Die Kinofilme in der Türkei werden nur mit Untertiteln versehen., so daß wir gehofft haben, den Film ganz gut verstehen zu können. Die Jungs hatten sich SWAT, einen Polizeiactionfilm ausgesucht. Vor lauter Coolness haben die Schauspieler aber anscheinend vergessen ihre 7-10 Kaugummis aus dem Mund zu nehmen. Zum Glück hatte der Film keinen tieferen Sinn, der es erforderlich gemacht hätte, das Genuschel zu verstehen. Nach dem Kino ging es erst in ein Dönerrestaurant und anschließend noch in ein türkisches Café. Eigentlich war uns die Ganze Situation eher sehr unangenehm, da wir nie bezahlen durften (genauso wenig wie die Freunde von Ramazan) immer hat Ramazan die ganze Rechnung übernommen. Anschließend begleitete uns Ramazan noch ins Hotel. Als er beim Bezahlen der Hotelrechnung seinen "Geldbeutel" öffnete und, dann aus einem Stapel von mindestens 20 Kreditkarten eine VISA-Karte auswählte, fiel es uns wie Schuppen von den Augen. Ramazan war keineswegs der Fahrer, sondern der eigentliche Chef. Der Manager der Tankstelle war lediglich ein Angestellter. Wie heißt es doch so schön: "Kleider machen Leute". Da der Manager einen gestreiften Anzug trug, während Ramazan mit seinen 33 Jahren in Jeans und Pullover gekleidet war, haben wir uns komplett bluffen lassen. 
 
Am nächsten Morgen lernten wir beim Frühstück Levet kennen. Levet arbeitet seit 27 Jahren in Deutschland. Er war gerade in seiner Heimatstadt um das Haus seiner Eltern zu renovieren und um ein Einkaufszentrum zu bauen. Levet wohnt im 40 Km entfernt liegenden Reyhanli, dem letzten Ort vor der Grenze zu Syrien. Er lud uns ein bei Ihm und seiner Familie zu übernachten. Da wir am nächsten Morgen weiter nach Syrien wollten, nahmen wir dankend an. So verbrachten wir unsere letzte Nacht in der Türkei in einem wundervollen alten Haus. Wenn Levet mit den Renovierungsarbeiten fertig ist, hat er ein richtiges Schmuckstück.
 

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